abstract
| - Im Herzen Tirisfals liegt die Unterstadt dunkel und schweigend darnieder. Während überall die Welt unter dem Ansturm einer Kreatur von halbgöttlicher Macht auseinanderzubrechen droht, scheint die Zeit hier stehen geblieben zu sein. Der Mittelpunkt des Königreiches der Toten macht einen geradezu friedlichen Eindruck, befindet sich ein Großteil des stehenden Heeres doch an der Front und führt dort, manchmal mehr und manchmal weniger bereitwillig, den Willen des Kriegsfürsten aus. Mit dem Wissen, dass sich das zwiespältigste aller Völker der Horde fest unter der Kontrolle von Garrosh Höllschrei befindet, ist beinahe so etwas wie Normalität nach Tirisfal eingekehrt. Zwar streunen immer noch vereinzelte hirnlose Zombies durch das tiefere Dickicht der im düsteren Zwielicht gelegenen Wälder, doch müssen Reisende nur in den seltensten Fällen befürchten, unversehens von den durch Laternen gesäumten Straßen zu verschwinden. Unterstadt selbst präsentiert sich dem geneigten Gast nicht mehr als seuchenproduzierender und seelenverschlingender Moloch, sondern eher als Heimat einer Ansammlung von verschrobenen untoten Spinnern, von denen der Durchschnittsbürger der Horde jedoch nichts mehr zu befürchten hat, genügt doch ein beiläufiger Wink mit der Hand und die Kor’kron knüppeln jegliches verdächtige Verhalten gnadenlos nieder... diejenigen zumindest, welche dergleichen als willkommene Abwechslung zu ihrem längst zur langweiligen Routine verkommenen Wachdienst betrachten. Überhaupt scheinen sich die Elitetruppen des Kriegsfürsten mit ihrem Los abgefunden zu haben und empfinden die Stationierung in der Nekropole nicht mehr als lästig, haben sie doch seit der Instandsetzung der Ruinen von Lordaeron die gerne genutzte Möglichkeit, ihren Dienst an der Oberfläche zu leisten. Natürlich ist die Luft hier immer noch stickig-feucht, was dem immerwährenden Nebel geschuldet ist, doch der Hauch von Moder und Vergängnis wird von den meisten schon gar nicht mehr wahrgenommen und ist immer noch weitaus erträglicher als das abgestandene Gemisch, welches man tiefer in den Eingeweiden der Stadt findet. Die hier stationierten Wachen haben inzwischen ein größeres Interesse daran, mit ihren Kameraden um Dienstzeiten an der Oberfläche zu wetten, als den wandelnden Leichen tatsächlich scharf auf die Finger zu sehen – von diesen wagt es niemand mehr, Experimente durchzuführen, welche die vom Kriegsfürsten befohlenen Richtlinien möglicherweise überschreiten könnten. Die Labore sind zu eingestaubten Kakerlakennestern verkommen, in denen höchstens noch Heiltränke für die Front gebraut werden und sind weit davon entfernt, den Eindruck von Gefahr und Niedertracht zu erwecken, wie er noch vor einigen Jahren vorherrschte. So gehen die Verlassenen mit gesenktem Kopf und mürrisch eingezogenen Schultern ihrem Tages- und Nachtwerk nach, trainieren hier ein paar Rekruten, forschen da in zerfledderten Folianten, denen sämtliche Geheimnisse längst entrissen worden sind, halbherzig nach neuen Erkenntnissen oder gehen irgend einem Handwerk nach in der Hoffnung, dass es irgendeine Form von Nutzen bringen mag. Dennoch... niemand wird abstreiten können, dass jegliche Aktivität, die nicht mit der Erweckung und Ausbildung von neuen Verlassenen zwecks Einsatz im Kampf gegen die Allianz zu tun hat, zum reinen Selbstzweck verkommen ist... zu einer niemals endenden Beschäftigungstherapie... zu schwachsinnigen Ersatzhandlungen... zum Mittelmaß.
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